Montag, 31. Oktober 2011

Umzug in Montréal: eine (ein wenig zu) spannende Geschichte!

Frei nach dem Motto "Mut zur Lücke", mache ich einen großen Sprung und steige beim meinem Umzug gestern wieder ein. Die fehlenden Teile werden nachgereicht, versprochen (sofern ich noch Erinnerungen daran habe, aber zumindest die Fotos von meinen Trips kommen noch). Doch der Umzug war so unglaublich einzigartig und legendär, dass ich nicht länger an mich halten kann - mein Mitteilungsbedarf ist zu groß!

Nachdem Johannes und ich 3 Monate gemeinsam in unserem charmanten (= winzigen) Apartement in der Rue Rachel gewohnt haben, bin ich gestern, eine Woche nach Johannes Abreise in meine neue WG in der Rue St Denis gezogen, quasi 5 Metrostationen weiter. Die neue Wohnung hat so eine schöne Treppe außen, wie ich mir gewünscht hatte und meine drei Mitbewohner sind sympathisch und entspannt. Da wäre Amélie, eine Québécois, die in Montréal geboren ist (eine echte Einheimische also - die sind hier echt rar!), Yeelena, eine francophone Schweizerin, die vor einem Jahr mit ihren Eltern hierhin gekommen ist und Josh, der aus Ottawa kommt, also anglophon ist, aber auch die ganze Zeit französisch spricht - mit einem total schönen Akzent. Wir sind alle Studenten, Josh und ich an der UdeM und Amélie und Yeelena an der UQAM (Université de Québec à Montréal). Die WG ist sehr groß uns schön, einziges Manko: mein Zimmer ist sehr klein und hat kein Fenster (Fotos folgen, wenn ich es ein bisschen wohnlicher gestaltet habe), aber dafür bezahle ich extrem wenig. Man muss eben Prioritäten setzen.

Seit ich hier bin, verspreche ich nun schon Fotos von unserer (jetzt) alten Wohnung und bevor ich heute morgen die Schlüssel abgegeben habe, hab ich dann endlich welche gemacht. So sah sie also aus:
Unscharfes Bild vom Bett: leider habe ich nur eins gemacht.




Den Balkon haben wir hauptsächlich zum Wäsche aufhängen benutzt - draußen gesessen haben wir glaube ich nur einmal.

Blick vom Balkon aus: der Berg Mont Royal (leicht verdeckt von einem Hochhaus)




Diese Stühle garantieren Rückenschmerzen ab 10 Minuten Sitzdauer.


Blick von der Eingangstür aus.

Der Duschvorleger war ein echter Komfortgewinn. Ich habe ihn großzügig unserem Nachmieter überlassen.

Das durchsichtige Ding auf dem Rand ist der Wasserknauf, der ständig abgefallen ist.
Jetzt aber zum interessanten Teil der Geschichte: der Umzug.

Domtille, eine Doktorandin, die auch für meine Supervisorin Sarah arbeitet, hatte sich bereit erklärt ein Auto beim communauto zu reservieren, um mir zu helfen. Das ist so eine car sharing - Sache, bei der man extrem preiswert Autos mieten kann. Ich will mich da auch gerne anmelden, allerdings blocken die dann 1000$ auf meinem Konto und da für meine Kreditkarte bereits 600$ geblockt wurden, ist das momentan noch nicht möglich. Ich habe Domtille gebeten, einen "Matrix" zu mieten, das größte Auto, dass bei communauto zur Verfügung steht. Wir trafen uns dann bei Alan, unserem Post-doc, der von einem Freund eine Kommode für mich hatte. In meinem Zimmer gibt es nämlich nur eine Kleiderstange, einen Schreibtisch und ein "Bett" (das ich schnellstmöglich durch ein Bett ohne Anführungszeichen ersetzen werde, da ich sonst an Muskelverspannungen umkomme). Ich hatte Angst davor, für eine Zeit aus dem Koffer leben zu müssen, daher wollte ich die Kommode direkt am Tag meines Umzugs mitnehmen. Leider war der "Matrix" ein kleiner Kombi und nicht, wie ich mir erhofft hatte, ein Van. So passte gerade eben die Kommode, aber nichts anderes mehr in das Auto. Also mussten wir zwei Fahrten machen. Dies wäre kein Problem gewesen, wenn wir das Auto nicht nur für 1 1/2 Stunden reserviert hätten. Wir hatten es also eilig!

Glücklicherweise waren gerade Amélies Eltern in der WG zu Besuch, so dass ihr Vater gemeinsam mit Josh den Rahmen der Kommode hochschleppen konnte und wir  nur die Schubladen hochtragen mussten.

Dann sprangen wir schnell wieder ins Auto und bretterten zu meinem Appartement. Leider waren wir schon so spät dran, dass Domtille bei communauto anrufen musste, um eine Verlängerung zu erbeten. Ich sprintete also ins Haus, um meine Sachen zu holen. Natürlich funktionierte ausgerechnet zu diesem Zeipunkt und wohlgemerkt zum ersten mal seit ich dort wohne der Aufzug nicht. So schleppte ich insgesamt drei Koffer, einen Rucksack, zwei Taschen und zwei Tüten 4 Stockwerke die Treppen runter. Unten hatte sich aufgrund des nicht funktionierenden Aufzugs eine Menschenmenge angesammelt, durch die ich mich zwängen musste, um nach draußen zu gelangen (warum sollte man auch aus dem Weg gehen, wenn ein mit Gepäck behängtes Häufchen Elend aus dem Treppenhaus kriecht?). Bei meiner letzten von vier Touren zeriss dann eine Papiertüte mit Lebensmitteln im Flur. Ich hetzte also zurück in die Wohnung, um Plastiktüten zu holen und die Lebensmittel einzusammeln. Dabei bemerkte ich, dass meine Haut an den Händen zerissen war und an mehreren Stellen relativ stark blutete. Ich muss mir beim Schleppen der Koffer die Haut daran aufgerissen haben. Natürlich hatte ich kein Taschentuch zur Hand und musste daraufhin die ganze Zeit darauf achten, meine Sachen nicht vollzubluten.

Unten angekommen verkündete Domtille, dass wir das Auto nicht verlängern können, weil es direkt ab 15 Uhr von jemand anderem reserviert wurde. Sie hatte allerdings ein anderes Auto reserviert. Uns blieben 5 Minuten um zum Parkplatz zu gelangen und Autos zu tauschen. Wir kämpften uns actionfilmmäßig durch den Stadtverkehr und erreichten den Parkplatz in der letzten Sekunde. Dort riss ich so schnell wie möglich all mein Hab und Gut aus dem Auto und schmiss es auf den Parkplatz, während Domtille das nächste Auto holte. Leider hatte sie die Zeit etwas unterschätzt und das neue Auto nur noch für eine halbe Stunde reserviert, die jedoch schon seit einigen Minuten angebrochen war. Wir stopften also so schnell wie möglich alles in das andere, sehr viel kleinere Auto und fuhren los. Vor meiner neuen Wohnung warfen wir dann alles sekundenschnell auf den Bürgersteig und Domtille flitzte davon, um das Auto rechtzeitig zurückzugeben. Was für eine Hektik! Dort konnte ich dann aber in aller Ruhe die Sachen die Außentreppe hochtragen und später alles in mein Zimmer bringen.

Wow! Was für ein Stress! Eine gute Erfahrung, eine witzige Story, aber in Zukunft brauche ich das nicht mehr. Nie wieder. Das sind so Erfahrungen, die man im Ausland macht. Einzigartig und unersetzlich.

Daraus gelernt habe ich: ausreichend Zeit für einen Umzug einplanen. Auch wenn man nicht viel Kram hat, dauert es meistens länger als man ursprünglich dachte. Und: Papiertüten eignen sich nicht für schwere Dinge.

Eine andere wichtige Erfahrung erfolgte dann heute morgen, um dem ganzen die Krone aufzusetzen: ich erhielt in unserem alten Appartement die Kaution für die Schlüssel nicht zurück, da ich damals keine Quittung verlangt habe. Tja, dumm gelaufen, aber für die Zukunft weiß ich Bescheid. Das sind eben so Erfahrungswerte (wie Katis Mutter zu sagen pflegt).

1 Kommentar:

  1. Wow, was für ein Abenteuer. Da fällt einem doch sofort "Schrecklich amüsant, aber in Zukunft bitte ohne mich" ein.
    Die alte Wohnung war echt schön, vor allem das Bad war ja ziemlich edel. Das mit der Kaution für den Schlüssel ist aber der Hammer. Wenn man mal einfach jemandem vertraut, wird man gleich dafür bestraft. Manchmal sind Kanadier doch nicht die nettesten Menschen der Welt...

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