Dienstag, 30. August 2011

Abenteuer des Alltags

Auch wenn es vielleicht in den letzten Tagen den Anschein erweckt haben mag, dass ich diesem Blog-Projekt hier nicht mehr länger die Stange halten kann, melde ich mich nun zurück und erstatte Bericht über die letzten 2 Wochen.

Um das Ganze übersichtlicher zu gestalten, spalte ich den Bericht in mehrere Posts "Uni und Sonstiges", wobei ich mit Sonstigem beginne, was auch chronologisch Sinn ergibt.

Wenn ich mich Recht entsinne, stammt mein letzter Eintrag von Dienstag vor zwei Wochen.
Das erste große Abenteuer, welches ich meinen Fotos entnehmen kann, ist definitiv unser Versuch hier zu waschen. Nachdem ich beim Entsorgen des Mülls im Keller eine Waschküche entdeckt hatte und sich bereits zwei Körbe Wäsche (in Wirklichkeit sind es natürlich keine Körbe, sondern Plastiktüten, da wir selbstverständlich zu sparsam sind, um uns einen Luxus wie Wäschekörbe zuzulegen) angesammelt hatten, beschlossen wir uns dem Projekt zu widmen. Nachdem wir vorher lang und beit diskutiert hatten, welche Art von Wäsche wir bei wie viel Grad waschen sollten, überraschte uns die Waschmaschine mit folgender Programmauswahl:

So viel dazu. Wir entschieden uns dann dafür, Unterwäsche und Handtücher "warm" und T-shirts "cold" zu waschen. Hat soweit eigentlich ganz gut funktioniert, wir haben uns ja auch nach folgender Anleitung gerichtet:


Und so konnten wir dann die Waschgänge nachverfolgen:


Glücklicherweise hatten wir just an dem Tag Kleiderbügel gekauft, so dass wir unsere Wäsche damit auf dem Balkon aufhängen konnten. Ansonsten wäre es mit Trocknungsmöglichkeiten knapp geworden (es gibt zwar auch Trockner in der Waschküche, aber das war uns dann doch zu fortgeschritten. Außerdem habe ich eine Abneigung gegen Trockner.).

Am Donnerstag habe ich mir dann endlich ein Fahrrad gekauft. Montréal ist die perfekte Stadt zum Fahrrad fahren. Es gibt viele Radwege, die von der Straße abgegrenzt sind. Sie hören zwar manchmal einfach mitten auf einer Kreuzung auf oder führen über eine andere Straße weiter, die man eventuell gar nicht nehmen kann, um sein Ziel zu erreichen. Aber die Autofahrer sind gut an Fahrradfahrer gewöhnt und das Nebeneinanderherfahren funktioniert gut. Zunächst hatte ich jedoch noch Probleme damit, dass es hier so viele Einbahnstraßen gibt und man sich dementsprechend nicht darauf verlassen kann, dass man, wenn man irgendwo hingefahren ist, den gleichen Weg zurück nehmen kann. Ich habe mein Fahrrad aus mindestens (!) 3. Hand über craiglist Montréal gefunden und es ist das perfekte Stadt-Fahrrad. Es sieht alt und schäbig aus, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass jemand versucht es zu klauen, etwas verringert wird und es fährt echt super. Es hat sogar eine Gangschaltung mit 5 Gängen (die bei den Bergen hier Gold wert ist). Ich liebe es und die Freiheit, die es mir verschafft. Zwar hatte ich zu Beginn einen kleinen Panikanfall als ich das mitgekaufte Schloss nicht aufbekam und schleppte dann in einer Hau Ruck Aktion das Fahrrad in unsere Wohung. Dort bekam ich das Schloss dann nach ein bisschen Rumprökeln sofort auf. Man kennt es ja! Ich habe auch einen Helm mitgekauft, aber dieses Teil erhöht leider die Wahrscheinlichkeit auf dem Fahrrad ums Leben zu kommen eher als dass er mich in irgendeiner Art schützt. Er ist so komisch hinten befestigt, dass er mir, selbst wenn er ganz eng am Kopf sitzt, bei etwas Gegenwind in den Nacken rutscht und ich drohe von dem Band erdrosselt zu werden. Seither fahre ich also ohne Helm und denke mir jeden Tag, wenn ich mal wieder knapp einer brenzligen Situation entkommen bin "du musst dir WIRKLICH einen Helm kaufen". Wenn ich hier in den nächsten zwei Jahren sterbe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies bei einem Fahrradunfall geschieht im Vergleich zu alternativen Todesarten um ca. 90% erhöht.

Freitag Abend haben wir uns im Rahmen des "festival des films du monde" (hier findet ja immer gerade irgendein Festival statt) einen deutschen Film von Rosa von Praunheim angesehen "Die Jungs vom Bahnhof Zoo". Er handelt von Strichjungen in Berlin früher und heute. Ich fand ihn gut, denn er ist irgendwie ganz unaufgeregt und neutral aufgemacht, ohne moralischen Zeigefinger oder so und die Leute, die darin interviewt werden scheinen sehr ehrlich über das Thema zu reden. Außerdem wusste ich vorher gar nicht, dass das überhaupt so ein großes Thema ist. Also: empfehlenswert! Besonders spannend war es, gleichzeitig die englischen Untertitel zu verfolgen, die mit dem was gesagt wurde nicht immer viel zu tun hatten. Aber so ist das wahrscheinlich - von einer in die andere Sprache geht wohl immer etwas verloren.

Samstag Abend haben wir uns dann mit Freunden von Johannes (Deutsche, die hier auch ein Praktikum machen) den Klassiker "shall we dance" im open air Kino auf dem Place des arts angeguckt. Das gehört zum kostenlosen Teil des Programms und man kann kommen und gehen wie man mag. Später kam dort auch noch "all that Jazz", der aber definitiv zu kompliziert war, um ihn zu verstehen, wenn drumherum so ein reges Treiben herrscht. Wir sind dann relativ weit gelaufen und haben in der Nähe des Plateaus in einer Bar etwas getrunken. Ich hatte ein Ephémère, ein Bier, das aus Johannisbeeren gebraut ist (?). In einer anderen Bar hier habe ich auch schonmal Kirschbier getrunken und letztens haben wir Aprikosenbier gekauft. Echt lecker, aber ich weiß, dass meinem Vater sich bei dieser Vorstellung die Fußnägel hochrollen würden. Doch zum Bier hier kommt noch etwas im nächsten Post. Ich finde es übrigens auch sehr wichtig immer etwas anzukündigen, was im nächsten Post kommen soll und dann kommt es "donnich". Rhetorisch sehr geschickt. Ich weiß, dass ich schon häufiger einen Post über den Verkehr hier angekündigt habe, aber es kommt quasi täglich etwas neues Kurioses hinzu (vor allem seit ich auf dem Fahrrad unterwegs bin) und ich habe das Gefühl, dass ich noch eine Zeit brauche, bis ich das hier auch nur ansatzweise verstanden habe und es dementsprechend wiedergeben kann.

Wichtig ist jedoch, was passiert ist nachdem wir etwas trinken waren. Johannes und ich entschieden uns dazu, genau jetzt im berühmtesten Poutine-Restaurant Montréals, dass angeblich 24 Stunden geöffnet haben soll, eine poutine zu essen. Es war halb drei in der Nacht und vor dem "la banquise" standen die Leute Schlange.


Diese Schlange habe ich bereits zu mehreren Tageszeiten dort gesehen. Genauer gesagt sind es zwei Schlangen. Eine zum reinsetzen und dort essen und eine "à emporter". Selbst um 8 Uhr morgens sitzen da Leute drin. Ich rede mir momentan noch ein, dass es dort auch Frühstück geben muss, denn eine Poutine zum Frühstück - das ist schon eine Hausnummer. Wir warteten insgesamt ca. eine halbe Stunde draußen und drinnen bis wir unseren Tisch bekamen. Drinnen waren sogar noch ein paar Tische frei und wir fragten uns, warum der Platz künstlich verknappt wird. Bis heute wissen wir nicht, was der Flaschenhals bei der Produktion der poutines ist. Die Pommes? Die Sauce? Die Kellner? Außerdem fragen wir uns, wann dort geputzt wird, wenn es 24h geöffnet hat. Andererseits: wollen wir das wirklich wissen???

Johannes bestellte eine klassische poutine und ich eine Vegetarische (oder végé, wie der Québecaner sagen würde). Und hier ist sie, die berühmte poutine:

Meine vegetarische schmeckte übrigens genauso wie die von Johannes. Das könnte Fragen aufwerfen, aber da ich keine Vegetarierin bin, beließen wir es dabei, dass sie dort eine verdammt gute vegetarische Bratensauce herstellen. Ich wurde schon von vielen Leuten mit angewidertem Gesichtsausdruck gefragt, wie poutine schmeckt und viele andere internationale Studenten fanden es "ekelig, weil es so fettig schmeckt". Diese Abneigung gegen exotische Kalorienbomben ist mir leider nicht gegeben. Ich finds supi!

Sonntag rangen wir den halben Tag damit, ob wir denn nun zum Piknic Electronik gehen sollen oder nicht. Das ist ein großes Picknick (wer hätte das gedacht) auf der île sainte hélène, bei dem DJs elektronsiche Musik auflegen - am Nachmittag. Leider hat es den ganzen Tag geregnet. Das Picknick wurde dann auf 16 Uhr verlegt (normalerweise beginnt es um 14 Uhr) und wir rafften uns am Ende glücklicherweise doch auf. Die Fahrradtour zur Insel war lang und beschwerlich, da es nicht so einfach war die Brückenauffahrt zu finden. Dort wunderten wir uns zunächst, dass einer der Freunde von Johannes, der kein eigenes Picknick mitgebracht hatte, einen Coupon für 10$ kaufen MUSSTE, um dort etwas zu Essen bekommen. Inzwischen weiß ich jedoch von einem netten Kioskbesitzer, dass man in Montréal Alkohol nur in der Öffentlichkeit trinken darf, wenn man dazu etwas isst. Wir hatten uns Brote geschmiert, die wir auch direkt zu Beginn als noch wenige Leute da waren und es nicht geregnet hat, verzehrt haben. Nach und nach füllte sich der Platz, auf dem ein riesiges Kunstwerk steht, unter dem sich die Tanzfläche befindet, trotz Regen und die Leute tanzten. Es war wirklich ein total verrücktes Gefühl, so mitten am Tag draußen im Hellen zu tanzen, während einige Leute auf der Tanzfläche Salat und Brot aßen. Es trug so ein bisschen das Flair einer After-hour Party mit sich. Nicht, dass ich so cool bin jemals auf einer echten after-hour Party gewesen zu sein, aber so stelle ich es mir eben vor. Der ein oder andere Gast war auch manchem Mittelchen nicht abgeneigt, dem Geruch auf dem Platz und der Dichte der Sonnenbrillenträger trotz Regen nach zu urteilen. Na ja, beschreiben kann man es eh schlecht, daher hier ein paar bildliche Eindrücke:
 Blick von der île sainte hélène auf Montréal, bei diesigem Wetter.
Nasse Sitzgelegenheiten.
Tanzen im Regen.
Ich, tanzend, nass und entrückt.
Blick auf Montréal am Abend.
Beachtet bitte den Typen mit Sonnenbrille im violetten T-shirt.
Im Hintergrund sieht man das BBQ.

Ok, ich gebe zu, die Sonnenbrille ist only for the show (oder auch shower, in diesem Fall. haha.)
Und da ist er wieder. Ein wahres Phänomen, tanzend in der Pfütze.


Snacks auf der Tanzfläche.
DJs als Hot dogs verkleidet.

Wir gingen gegen 20 Uhr, weil wir total durchnässt und verfroren waren. Ein Hoch darauf, dass ich nun alt genug bin, mich dem Wetter entsprechend pragmatisch anstatt modisch zu kleiden. Ohne Regenjacke und dicke Schuhe hätte der Tag sicher ein übles Nachspiel gehabt.
Beim nächsten sonnigen Sonntag muss das unbedingt wiederholt werden, einige Freunde von mir aus der Uni wollen auch mitkommen. Bei gutem Wetter soll es wohl auch richtig überfüllt dort sein. Nichtsdestotrotz war es eine einzigartige Erfahrung, so im Regen, mit den ganzen Leuten, die ganz friedlich getanzt und gegessen haben, ohne dass es auch nur irgendwo einen kleinen Konflikt gab, geschweige denn ein Gerangel auf der Tanzfläche. Ach, und sie haben tatsächlich "Nein, Mann" von Laserkraft 3D gespielt. Wir blieben natürlich nicht etwa cool, sondern grölten direkt mit, damit uns auch der letzte Besucher als deutsche Touristen erkennen konnte.


Das erstellen dieses Posts hat insgesamt tatsächlich mehrere Tage gedauert, weil das Internet in unserer Wohnung so schlecht ist, dass es bei jedem zweiten hochgeladenen Bild zusammenklappt. Na ja, sobald ich wieder ein bisschen Luft habe, schreibe ich etwas über die Willkommenswoche für internationale Studenten an der Uni und meine ersten Erfahrungen in meiner neuen Arbeitsgruppe. Wenn ich meinen Büroschlüssel habe, kann ich auch das Internet in der Uni nutzen und bin damit hoffentlich wieder etwas schneller.

À bientôt!

Dienstag, 16. August 2011

Plateau & erste Eindrücke vom Campus, die weniger aussagekräftig nicht sein könnten

So, wie versprochen habe ich heute auf dem Weg in die Stadt ein bisschen die Umgebung eingefangen. Es mag vielleicht etwas random anmuten, aber es soll ja dadurch auch nur ein unspezifischer erster Eindruck vermittelt werden.

Zuerst einmal sind das Wichtigste diese schönen Häuser mit den Außentreppen. In der Gegend, in der ich hier wohne - also auf dem Plateau - sehen fast alle Häuser so aus.





Rue Mont Royal. Hier werden Telefonzellen tatsächlich noch benutzt!

Weil Alkoholausschank hier so teuer ist, darf man in einige Restaurants seinen Wein selbst mitbringen "Apportez votre vin".
 Der versprochene Post zum Straßenverkehr kommt noch. Hier ein kleiner Vorgeschmack:

Nachdem ich heute meinem Handy ein Stück näher gekommen bin (es ist eine endlose Geschichte, vergleichbar mit Passierschein A 38), war ich zum ersten mal auf dem Campus.
Zuerst bin ich durch das Psychologiegebäude geirrt, welches - so wie auch andere Teile der Uni - ein bisschen so aussieht als wäre es in den 70ern wahnsinnig schick gewesen. Ich belege das anhand dieser modischen Sitzecke, auf die ich gestoßen bin.

Die Sekretärin im departement, die nachdem ich mein Begehr im unsicheren Französisch vor mich hingenuschelt hatte, sofort wusste wer ich bin (vielleicht ein Hinweis darauf, dass ich die einzige Ausländerin in meiner Kohorte bin?), schickte mich mit meinem Bachelorzeugnis ins Centre étudiant, wo ich eine beglaubigte Kopie anfertigen lassen sollte. Das war gar nicht mal so einfach, weil das Papierformat hier anders ist als in Deutschland. Die Kopie musste also auf einer Art Endlospapier gedruckt werden. Die habe ich dann wiederum in einem anderen Gebäude im Sekretariat des études supérieures et postdoctorales abgegeben. Nächste Woche, wenn die internationalen Studenten in der "Willkommens-Woche" begrüßt werden, werde ich sicher die wichtigsten Punkte des Campus kennen lernen und kann ein paar aussagekräftigere Bilder einfangen. Bis dahin verabschiede ich mich mit einem Blick auf das Roger-Gaudry Gebäude, welches wohl das Wappen der Université de Montréal inspiriert haben soll.







Montag, 15. August 2011

Wochenende in Ottawa und warum die Kanadier die nettesten Menschen der Welt sind...

Noch immer nicht die versprochenen Bilder von Montréal, dafür ein paar Eindrücke vom Wochenende auf der Cottage von Johannes Verwandten in der Nähe von Ottawa. Es war traumhaft schön!

Zunächste jedoch noch ein kleiner Gag. Dieses Bild fand ich in einer aktuellen (!) Broschüre meiner Bank für Einwanderer aus dem Ausland. Finde den Fehler:

Das Konto eröffnen war übrigens überraschend unkompliziert. Man bekommt vor Ort eine Karte in die Hand gedrückt und darf sich einen Pin aussuchen. Nix da mit Karte und Pin werden einem getrennt zugeschickt oder so ;-)

Freitag Mittag sind wir mit dem Greyhound Bus nach Ottawa gefahren, das dauert von hier aus etwa 2 1/2 Stunden. Vor dem Bus wird man strenger kontrolliert als in Deutschland bei der Flugkontrolle. Prompt wurde eine potentielle Waffe (eine Glasflasche) bei mir entdeckt, die ich nicht mit in den Bus nehmen durfte.

Wir wurden in Ottawa am Bahnhof abgeholt und sind von dort aus direkt auf die Cottage gefahren. Na ja, nicht ganz direkt. Vorher hielten wir in einem verträumten Örtchen an einer sagenhaften Eisdiele an. Es gibt da Eis in der Art von Ben&Jerrys und schon die kleinste Größe ist einfach riesig. Hier ich wie man mich kennt: zufrieden mit Choclate Chip Cookie Dough.

Hier ein paar Bilder vom white lake, an dem die Cottage liegt. Hallo Landschaft!

Samstag sind wir Wasserski gefahren. Nachdem ich gefühlte tausend mal gar nicht erst aus dem Wasser rauskam, hier der Beweis meiner profimäßigen Wasserski-Karriere. Man beachte meinen äußerst entspannten Gesichtsausdruck.



Und hier noch einmal, wie es eigentlich aussehen sollte:

In jedem Fall habe ich einen unglaublichen Muskelkater davon bekommen, der bis heute anhält. Ich hätte nie gedacht WIE fest das an den Armen reißt, wenn man hinter dem Boot hergezogen wird... Aber es hat echt Spaß gemacht und ich hoffe, dass ich, wenn ich das nächste mal die Gelegenheit bekomme, länger als ein paar Sekunden aufrecht bleibe.

Sonntag sind wir dann noch Kanu gefahren, um das Wassersportprogramm zu vervollständigen. Man kann hier wohl auch ganz coole Kanu-Touren machen, wenn also jemand Lust darauf hat sowas nächstes Jahr im Sommer mal zu probieren, dann können wir das ins Auge fassen.
Jetzt muss ich natürlich noch auf die in der Überschrift angekündigte Begründung eingehen, warum die Kanadier die nettesten Menschen der Welt sind. Gestern Abend sollten Johannes und ich ein paar Einkäufe zu seinem Großcousin bringen, der auch in Ottawa wohnt. Leider verstanden wir einen Punkt der Wegbeschreibung falsch und irrten sodann orientierungslos mit dem Auto umher, zusätzlich verwirrt davon, dass an Kreuzungen auf allen vier Straßen Stop-Schilder stehen (zu dem Verkehr hier werde ich später nochmal etwas schreiben). Wir fragten also Leute auf dem Bürgersteig nach dem Weg und waren schon sehr erstaunt als einer der Passanten total verzweifelt war, weil er uns nicht helfen konnte (es war eine eher kleine Straße, die nicht sehr bekannt ist). Er war echt den Tränen nahe und bot uns an, für uns bei den Verwandten anzurufen (wir hatten natürlich weder Telefonnummer, noch selber ein funktionierendes Handy zur Hand). Das allerbeste war jedoch, dass ein älteres Ehepaar, welches wir danach fragten, meinte, dass wir ihnen folgen sollen. Sie fuhren mit uns ungelogen 10 Minuten durch die Stadt bis wir in der richtigen Straße angekommen sind. Einfach so, um uns zu helfen, weil der Weg schwierig zu erklären war. Das war echt ein Schlüsselerlebnis zur kanadischen Mentalität!

In den nächsten Tagen will ich ein paar der kleinen, aber feinen Unterschiede fotografisch festhalten und hier was dazu schreiben. Und ich werde euch die versprochenen Stadt-Fotos nicht mehr allzu lange vorenthalten.

Freitag, 12. August 2011

Final destination: Montréal

Finally!
Mir bleibt eine Stunde bis ich in die Stadt zu einem Termin mit meiner Bank-Beraterin muss und danach fahren wir zu Verwandten von Johannes nach Ottawa. Daher versuche ich so schnell wie möglich schonmal die wichtigsten Infos rauszuhauen, damit ich übers Wochenende nicht alles vergesse...

Also, chronologisch:
Der Flug.
Ich bin mit Lufthansa gefolgen, was sehr angenehm war (gute Verpflegung, eigener Bildschirm, Alkohol ;)). Meine wunderbare Tante Martina hat sich  vorher super um alles gekümmert. Ich bin bisher nur einmal geflogen und wäre damit maßlos überfordert gewesen. Ich konnte in München problemlos umsteigen und dann rein in den überbuchten Flieger, in dem mein Sitzplatz zum Glück schon reserviert war. Ich saß neben dem ältesten Passagier des Flugzeugs, einem 85-jährigen Franzosen, von dem ich zuweilen hoffte, dass er den Flug überleben wird. Er erzählte mir wo er geboren ist, wo er schon überall gewesen ist und vor allem, wo er noch nicht gewesen ist. Er hatte wohl vor in Kanada zu bleiben und vermerkte daher auf dem Einreiseschein an der Stelle, wo man Familienmitglieder eintragen kann, mit denen man zusammen einreist, welche Sprachen er spricht (er meinte dazu "vielleicht hilft das").

Die 8 Stunden gingen vorbei wie im Flug (haha. den konnte ich mir jetzt nicht verkneifen...) Die Einreise war langwierig, verlief aber problemlos. Ich wurde nachdem ich meine Koffer abgeholt hatte in einen Bereich mit Beobachtungsspiegeln gebracht, wo die Koffer von anderen Passagieren geöffnet und ausgeräumt wurden. Innerlich hoffte ich, dass ich meine Koffer nicht auspacken muss, weil mir klar war, dass ich den Inhalt nie wieder so klein gefaltet bekomme wie meine Schwester es für mich beim Koffer packen gemacht hatte. Wie nach der Klassenfahrt in der Grundschule, in der meine Mutter meinen Koffer gepackt hatte, hätte ich die Sachen, die ich nicht mehr reinbekommen hätte, einzeln mitschleppen müssen. Zum Glück ging dieser Kelch an mir vorüber und nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich, im stolzen Besitz meiner study permit, endlich in die Ankunftshalle.

Johannes hat mich abgeholt (der Arme musste tatsächlich 2 Stunden warten, weil der Flug aufgrund eines Gewitters Verspätung hatte und die Einreise so lange gedauert hat). Wir sind dann in Johannes gewohnt liebevoll-hektischer Art direkt losgesprintet in den shuttle-Bus und mit der Metro in unser Appartment gefahren. Das war mit 3 Koffern natürlich ein großer Spaß, aber wir fühlten uns zu studentisch für ein Taxi ;)

Die Wohnung ist echt schön - klein, aber ordentlich. Nächste Woche werd ich wohl noch ein paar Besorgungen machen, aber alles Lebensnotwendige ist da und wir haben sogar einen Balkon und eine Klimaanlage. Bei Gelegenheit werd ich das Ganze mal fotografieren... Die Wohnung ist zu Fuß ne gute Dreiviertelstunde von der Innenstadt entfernt, aber wir haben direkt nebenan die "Rue Mont Royal" mit lauter süßen kleinen Geschäften und putzigen Cafés. Ein Traum!

Zur Gegend allgemein: Montréal ist wunderschön und ich habe mich hier von der ersten Sekunde an sauwohl gefühlt. Diese Häuser mit Treppen außen dran, die kleinen Cafés, diese gefühlte Mischung aus Frankreich und Amerika ist echt etwas ganz besonderes! Ich rate jedem, der etwas Zeit und Geld aufbringen kann, mich hier besuchen zu kommen.

Ich habe dann direkt Mittwoch Abend die berühmte "poutine" gegessen, ein für Montréal typisches Schnellgericht. Es besteht aus Pommes mit Bratensoße und cheddar Käse drüber. Fettig, kurios, superlecker! Ich hatte leider keine Kamera dabei, aber das wird in jedem Fall demnächst festgehalten! Bei der Gelegenheit konnte ich auch die Eigenart der Québecaner bezüglich ihrer Sprache hautnah miterleben. Die Kellnerin hatte Johannes englische Bestellung von Leitungswasser nicht verstanden und fragte mich dann schockiert auf französisch welche Sprachen er denn überhaupt könne. Die Menschen hier sind aber echt sehr freundlich, vielleicht ein bisschen so wie im Ruhrgebiet, wo ja bekanntlich die freundlichsten Deutschen leben ;-). Man wird auf der Straße angelächelt und manchmal unbekannterweise gegrüßt, Servicepersonal ist freundlich und geduldig mit Ausländern und so lange man Französisch spricht, wie lückenhaft auch immer, sind sie sehr begeistert von einem. Ich fühle mich hier wirklich willkommen!

Gestern bin ich dann nach down town ins Eaton Center, um mir einen Handy Vertrag bei Virgin zu besorgen. Den bekomme ich erst, wenn ich meine Kreditkarte habe, aber dann mit internationaler SMS flatrate. Jippieh! Das Einkaufszentrum hat mich ob seiner Überdimensionaltität echt umgehauen. Hier ist gefühlt doch alles ein bisschen größer. Und diese unterirdische Stadt, die auf Ebene der Metro alles zu bieten hat, was es auch auf der Straße gibt, ist echt der Hammer! Meine Bankfiliale ist in der Metro Station McGill. Wie krass ist das denn bitte? Ich habe dann auch komplett auf französisch mein Konto eröffnet, muss da aber gleich nochmal mit meiner Wohnungsbescheinigung hin. Es gibt ein extra Konto für ausländische Stundenten. Echt gut.

Bezüglich des Einkaufszentrums ist es mir noch wichtig hervorzuheben, dass im Fresstempel, wo Tische und Stühle stehen, auch Behälter mit Desinfektionsmittel für die Hände bereit stehen. Wer mich kennt, weiß, was mir das bedeutet ;-)

So, jetzt muss ich gleich los. Ich verspreche hoch und heilig, dass meine nächsten Posts viel weniger Text und dazu mehr Fotos enthalten! Und ich freue mich immer von euch zu hören, auch wenn ich evtl. nicht sofort antworte!